Der Künstler Purzle Schulz steht im Botanischen Garten in Köln.
In the 80s and 90s, Purple Schulz had breakthrough hits with the likes of “Sehnsucht” and “Verliebte Jungs”. Photo: Marina Weigl

Purple Schulz und Köln – eine komplizierte Liebesbeziehung

"Köln ist nicht mehr das, was es mal war." Ein Musiker erinnert sich.

Der gebürtige Kölner Purple Schulz ist Autor, Popsänger, Songschreiber, Multiinstrumentalist und Radiomoderator – und ein wandelndes Lexikon was gute Sounds und den richtigen Ton angeht. Seinen Künstlernamen bekam das vielseitige Talent, das eigentlich Rüdiger als Vornamen im Ausweis eingetragen hat, in den frühen 70er-Jahren in einem Kölner Musikalienladen verpasst.

Purple Schulz an seinem Lieblingsort: Im Botanischen Garten in Köln läßt der Künstler die Stadt gerne mal hinter sich. Foto: Marina Rosa Weigl

Die Liebe ist ein kompliziertes Ding, widersprüchlich mitunter. Nicht nur gegenüber anderen Menschen, auch gegenüber der eigenen Heimat. Köln und Purple Schulz, das ist so eine Liebe, die kompliziert ist, wie Schulz. Eine große Melancholie befalle ihn regelmäßig, wenn er durch die Straßen der Kölner Innenstadt gehe. „Das Köln meiner Kindheit und Jugend ist verschwunden. Da ist nichts mehr, wie es mal war. Mittlerweile geht es der Stadt wie dem Dom: es wird immer gebaut und ein Ende ist nicht abzusehen. Von einem Plan ist da für mich nicht viel zu erkennen“, sagt Purple Schulz.

Vielleicht sind es auch eher die Straßen, die Köln lebenswert machen, wie die Schulze-Delitzsch-Straße in Raderthal oder die Nibelungensiedlung in Mauenheim.

Purple Schulz

Allerdings sei das, was den typischen Domstädter von anderen Deutschen Großstädtern eben unterscheide, ja auch, dass er seine Stadt trotz alledem lieben kann. Die Schönheit sei allerdings nicht immer einfach zu finden. Wenn man im wahrsten Sinne des Wortes „schöne“ Viertel suche, sei man laut Schulz eventuell auch in Köln an der falschen Adresse: „Vielleicht sind es auch eher die Straßen, die Köln lebenswert machen, wie die Schulze-Delitzsch-Straße in Raderthal oder die Nibelungensiedlung in Mauenheim.“ Der Moderator der WDR4-Show „Songpoeten“ muss es schließlich wissen, denn rumgekommen ist der gebürtige Kölner in „seiner“ Stadt schließlich nicht zu knapp „Ich bin im Schatten der Domtürme aufgewachsen, im Gereonsviertel. Und im Laufe meines Lebens habe ich in vielen Stadtteilen gelebt, in Rodenkirchen, Bayenthal, Ehrenfeld, im Eigelsteinviertel und vielen anderen.

Die Siebengebirgsallee in Klettenberg ist dabei mit Abstand die schönste Straße gewesen“, sagt Schulz. Und auch, wenn viele auf die ihrer Meinung nach vielen schönen Plätze der Domstadt verweisen, so ist Schulz da anderer Meinung: „Mit schönen Plätzen kann man in dieser Stadt leider nicht aufwarten. Trotzdem lass ich es mir, wenn ich schon mal in Köln bin, nicht nehmen, einen Espresso auf dem Wallrafplatz zu schlürfen. Das hat etwas Versöhnliches“, erzählt er.

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Auch wenn er sich überwiegend kritisch mit seiner Heimat auseinandersetze, so komme er nicht umhin, dieser zu attestieren, dass neben Köbes, Kölsch und Dom hier die Musik ein allgegenwärtiges Thema sei. „Auf keine andere Stadt Deutschlands wurden so viele Hymnen geschrieben, die alle von dieser Liebe für die Stadt erzählen und die trotzdem immer auch einen sehr kritischen Blick auf diese Entwicklungen behalten“, so Purple Schulz. 

Heute lebt und arbeitet Purple Schulz mit seiner Frau etwas außerhalb der Stadt. „Von dort haben wir einen Blick, der vom Düsseldorfer Fernsehturm über den Dom bis zum Siebengebirge reicht. Wir haben Köln also immer im Blick. Es klingt verrückt, aber ohne diese beiden Türme würde mir etwas fehlen“, sagt er. Die Türme des Kölner Doms sehe er auch jeden Tag wenn er mit dem Hund unterwegs ist. „Und dabei merke ich immer: aus der Distanz kann ich diese Stadt ganz gut aushalten.“ 

Rüdiger Schulz aka Purple Schulz

Dem Köln seiner Kindheit und Jugend habe er aber schließlich doch so einiges zu verdanken. Insbesondere natürlich auch den Spitz- und Künstlernamen, den er nunmehr seit fünf Jahrzehnten trägt. Zurück geht der nämlich auf seine regelmäßigen Besuche in einem Musikaliengeschäft der Gebrüder Weber. Weil der junge Rüdiger Schulz bei „Music City“ immerzu die für ihn unerschwinglichen Hammond-Orgeln „anspielte“ und dabei Deep Purples „Child in Time“ zum Besten gab, verpassten die genervten Händler ihm eben „Purple“ als Spitznamen.

Jedoch nicht nur im Orgel-Shop der Webers war Schulz Stammkunde – auch im damaligen Haupthaus am Ebertplatz. „Dort verkaufte man neben Instrumenten in den frühen Siebzigern auch noch Schallplatten. Da habe ich zum Beispiel mein erstes Album von „The Nice“ gekauft“, so Purple Schulz.  Als der Elektromarkt Saturn später in Köln eröffnete, habe man bei Webers die Schallplatten aus dem Sortiment genommen. „Und als Musikinstrumente irgendwann zunehmend über riesige Versandhändler verkauft wurden, mussten die Gebrüder Weber ihr Geschäft komplett aufgeben. Das empfand ich damals wie heute als großen Verlust“, erzählt er.

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Tränen, ein Latte Macchiato und fünf Sorten Milch

Auch wenn es viele schöne Orte seiner Jugendzeit nun nicht mehr gebe – manche könne man auch heute noch jederzeit aufsuchen, um aus einem Tag in Köln ein Erlebnis zu machen, wie Purple Schulz findet. „Ich gehe nicht in Clubs. Aber ein Place to be ist ohne Zweifel der Dom. Ich bin mal mit einer Freundin gewesen, als dort ein junger kanadischer Chor gesungen hatte. Das war kein Auftritt, sondern eine Probe. Uns sind die Tränen gekommen, so schön war das“.

Aber auch an anderer Stelle kämen Freunde auf der Suche nach dem guten Ton auf ihre Kosten. „Da gibt es zum Beispiel einen winzigen Konzertsaal in der ‚Wohngemeinschaft‘ auf der Richard-Wagner-Straße. Das ist eine Mischung aus Bar, Bistro, Hostel und Veranstaltungslocation, überwiegend von jungen Leuten besucht. Dort spielen manchmal ganz hervorragende, aber mehr oder weniger unbekannte Künstlerinnen und Künstler am Anfang ihrer Karriere.“ Da passten zwar nur knapp 50 Zuschauer rein, aber wer Glück hat, könne dabei der Geburt von richtig großen Acts beiwohnen. „Man muss allerdings in Kauf nehmen, dass einem für einen Latte Macchiato fünf Sorten Milch zur Auswahl gestellt werden, von denen vier gar keine Milch sind“, sagt Purple Schulz und lacht.

Harpejji, Duo-Auftritte und „Songpoeten“

Neues kennenlernen und sich stetig weiterzuentwickeln, ist auch das Credo nach dem der Musiker Purple Schulz selbst lebt. „Sehr weitergebracht hat es mich vor ein paar Jahren, ein neues Instrument zu lernen, das in Deutschland noch niemand auf der Bühne gespielt hat: Die Harpejji ist quasi ein 16-saitiges Saiteninstrument für Pianisten, mit dem ich meine alten Songs neu entdecken kann“, sagt er. Das sei gerade wichtig, wenn man wie er eine Menge Hits über die Zeit geschrieben habe, denn das berge auch immer die Gefahr, irgendwann zu seiner eigenen Coverband zu werden. „Aber ich will mich immer weiterentwickeln. In 2024 bin ich unterwegs mit Jördis Tielsch, die mich an der Violine, am Klavier, der Gitarre und vor allem stimmlich begleiten wird. Eine sensationelle Künstlerin“, so Schulz.

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Seit er sich dafür entschieden habe, nur noch im Duo aufzutreten, habe er den Raum im Konzert für das, was er wirklich will: Songs zu singen, die neue Perspektiven eröffnen. Damit komme man nicht ins Feuilleton, aber in die Herzen der Menschen. Und einen besonderen Wunsch hegt Purple Schulz noch für das Radio-Format „Songpoeten“, das er im Wechsel mit Wolfgang Niedecken moderiert: Eine Interviewreihe mit deutschen Künstlern über die Zukunft des Songwritings. „Denn da stellen sich mir nicht nur viele Fragen, sondern dank dieser ganzen Wokeness-Debatten auch die Nackenhaare auf. Aber vielleicht lassen wir diese Debatten auch einfach außen vor und schreiben einfach Songs. Irgendjemand ist sowieso immer beleidigt“, sagt Schulz und lacht.

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