Jonas Engel im blauen Licht
Jonas Engel ist Mitglied des Kölner Kollektivs Impakt und als Improvisator und Komponist in der jungen europäischen Musikszene aktiv. Foto: Patrick Essex

Straight outta Hörgewohnheit: Jonas Engel vom Impakt-Kollektiv über Improvisation in Köln

Jonas Engel ist Mitglied von Impakt, einem Kollektiv von 14 jungen Musiker*innen aus Köln, deren Schnittmenge die frei improvisierte Musik ist. Ihr Ziel: Die Sichtbarkeit von improvisierter Musik in Köln zu verbessern. Was 2013 mit einem Newsletter und Konzertkalender begann, hat sich mittlerweile zu einem eigenen Label mit regelmäßig stattfindenden Konzertreihen entwickelt. In diesem Jahr feiert Impakt sein 10-jähriges Bestehen mit einem kleinen Festival, das 3. und 4. November im Loft in Ehrenfeld stattfinden wird.

Jonas Engel ist seit zwei Jahren Teil von Impakt. Darüber hinaus ist er als Improvisator und Komponist in verschiedenen Bandprojekten aktiv, hauptsächlich in Köln und Kopenhagen. Im Interview erklärt er, wie Impakt entstanden ist, welchen Einfluss die Stadt Köln auf das Kollektiv hat und warum es improvisierte Musik immer noch schwere hat als andere Musikrichtungen.

Interview mit Impakt-Mitglied Jonas Engel

Jonas Engel war als Solist und mit seinen vielfach ausgezeichneten Bands auf Konzertreisen weltweit unterwegs. Foto: Patrick Essex

Wie ist Impakt entstanden?

Jonas Engel: 2013 hat sich eine Gruppe von Kölner*innen zusammengetan. Die Idee war ein Kollektiv zu gründen, um improvisierter Musik mehr Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit zu schenken. Angefangen hat das alles mit einem Newsletter und einem Konzertkalender, mit dem wir Leuten die Möglichkeiten geben wollten, diese Musik überhaupt kennenzulernen. Es ist nach wie vor nicht so einfach, die Menschen in Köln mit Musik zu erreichen, die eine Nischen-Musik-Dasein fristet. Darin besteht auch immer noch die Hauptaufgabe von Impakt: Improvisierter Musik eine Plattform zu bieten und diese Musik zu verbreiten. 

Mittlerweile gibt es uns schon seit 10 Jahren, was natürlich gefeiert wird: Am 3. und 4. November veranstalten wir ein kleines Impakt-Festival im Loft in Ehrenfeld.

Viele, die an improvisierte Musik aus Köln denken, haben schon einen gewissen Klang im Kopf.

Jonas Engel

Impakt steht ja für Improvisation und aktuelle Musik. Was bedeutet das?

Das ist ein wenig diffus: Improvisation ist ein wichtiger Bestandteil dessen, was Impakt macht, wie unsere Musik entsteht und welche Einstellung wir zu Musik haben. Viele Leute von außerhalb, die an improvisierte Musik aus Köln denken, haben schon einen gewissen Klang im Kopf. Denn in Köln hat diese Musik eine lange Tradition. Für mich ist es aber wichtig, sich nicht nur diesem Klang und dieser Ästhetik zu verschreiben. Der Begriff „aktuelle Musik“ soll Musikstile widerspiegeln, die zeitgenössisch sind und aktuell entstehen. Die Musik hat was Neues, was Kreatives, was Experimentelles – neu erfundene Musik eben. Die Improvisation ist das Bindeglied.

Mittlerweile habt ihr aber sogar ein eigenes Label?

2016 fiel der Startschuss für Impakt Records, das hauseigene Plattenlabel. Hier bringen wir regelmäßig Musik raus, sowohl von den Musikern aus dem Kollektiv als auch von externen Musikern, die sich mit neuer Musik beschäftigen.

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Was ist deine Rolle bei Impakt?

Ich bin erst seit 2 Jahren bei Impakt. Zuvor habe ich in Kopenhagen gelebt und dort ein Projekt organisiert, bei dem sich Musiker aus Köln und Kopenhagen austauschen konnten. Immer mit dem Schwerpunkt auf improvisierter, experimenteller Musik. Irgendwann ist Impakt an mich herangetreten und hat mich gefragt, ob wir uns nicht zusammenschließen. Seitdem bin ich für die Organisation der Konzertreihen und Festivals des Kollektivs zuständig.

Ihr habt diese Konzertreihe „Bruitkasten“ auf dem Ebertplatz. Was hat es damit auf sich?

Der Name „Bruitkasten“ ist ein Wortspiel mit dem französischen Wort „Bruit“, was so viel bedeutet wie Geräusch oder Lärm. Es soll eben diese improvisierte, geräuschhafte Musik widerspiegeln, die bei unseren Konzerten entstehen kann.

Die Konzertreihe ist eine Plattform für Musik, die gerade am Entstehen ist. Manchmal kommen bestehende Ensembles zusammen, manchmal sind das auch adhoc-Begegnungen von Musikern, die sich noch gar nicht kennen. 

Man trifft sich mit den Instrumenten auf der Bühne und es ist noch total offen, was passieren wird. Die Musiker sind sehr gut ausgebildet. Das merkt man auch an der Qualität der Musik: So wie man eine Komposition üben kann, kann man auch Improvisation üben. Wir wissen, wie wir uns als Musiker in gewissen Momenten auf der Bühne verhalten wollen. Eigentlich ist es wie beim Kochen: Wenn man möchte, dass das Essen mehr nach Knoblauch schmeckt, fügt man ihm eben mehr Knoblauch zu. So ähnlich kann man es sich auch beim Komponieren vorstellen: Und Improvisation ist eben das Komponieren im Augenblick.

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Warum finden die Konzerte am Ebertplatz statt? 

Der Ebertplatz ist ein zentraler Platz in Köln, eigentlich ein sogenannter Sozialer Brennpunkt. Da gibt es nun aber verschiedene Initiativen, die diesen Platz wieder attraktiv machen. Auch wir haben hier vor über einem Jahr die Möglichkeit bekommen, eine Galerie, die den Namen Gemeinde trägt, zu nutzen. Seitdem organisieren wir hier zweimal im Monat die Konzertreihe, jeden 1. und 3. Mittwoch.

Was für Menschen trifft man dort?

Die Gemeinde ist ein Schaufensterraum. Man kann von außen sehen, dass dort Musik passiert. Es kommt vor, dass Menschen zufällig vorbeilaufen, stehenbleiben und während des Konzerts noch reinkommen. Das sind einerseits Menschen, die dort in der Gegend wohnen. Andererseits kommen Leute aus anderen Teilen Kölns zu uns, die etwas von der Musik kennen und schon in Berührung gekommen sind mit der Szene. Auch altersmäßig ist das Publikum gemischt, was ich sehr schön finde. Zudem haben wir durch die Lage viel Laufpublikum. Und das bedeutet auch, dass wir Begegnungen mit den Subkulturen haben, die da am Ebertplatz stattfinden. Wir wollen da alle dabeihaben und willkommen heißen.

Köln ist eine Stadt, die es begünstigt, Kollektive und Communities entstehen zu lassen.

Jonas Engel

Was meinst du, warum ist gerade Köln die richtige Stadt für so ein Kollektiv?

In Köln leben sehr viele Musiker. Das liegt sicherlich an den Ausbildungsmöglichkeiten: Fast alle aus dem Kollektiv haben an der Hochschule für Musik und Tanz studiert. Die Musiker kommen von überall her und folglich findet sich auch genug Interesse an aktuellen Musikformen – teilweise hapert es aber noch an den Strukturen. Daher versuchen wir, mit Impakt was dagegen zu machen. 

Ich bin zwar nicht selbst aus Köln, aber für mich ist das eine Stadt, die es begünstigt, solche Kollektive und Communities entstehen zu lassen. Man spricht ja von Köln oft als sehr offene Stadt: Man geht aufeinander zu, kennt sich, man hört einander zu und so weiter. Deswegen funktioniert dieser Community-Gedanke hier in Köln in den meisten Fällen sehr gut. 

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Warum hat es improvisierte oder experimentelle Musik dennoch so schwer?

Für mich ist das ganz klar: Wir alle sind im Regelfall von Grund auf musikalisch eher schlecht gebildet und werden wenig an moderne, kreative Sachen herangeführt. Wenn ich an den Musikunterricht während meiner Schulzeit denke, gab es damals kaum Möglichkeiten an so eine Art von Musik heranzukommen. Das musikalische Wissen und auch die musikalische Neugier bleiben daher immer sehr basal. 

Wir machen Musik, die anecken will und mit den Hörgewohnheiten von Menschen spielt. Für den ein oder anderen mag sich improvisierte Musik provokant anhören oder vielleicht nicht mal nach echter Musik, wenn es zum Beispiel keinen 4/4-Takt gibt oder keinen Beat, der sich an unserem Puls orientiert. Wer neugierig und offen durch das Leben schreitet, der wird diese Musik mit Spannung verfolgen, doch für viele bedeutet das sicherlich auch einen Schritt raus aus der Komfortzone. Wir machen eben Musik abseits des Mainstream.

Die Impakt-Konzertreihe „Bruitkasten“ findet jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat in der Gemeinde Köln am Ebertplatz statt. Alle Termine gibt’s hier: https://www.impakt-koeln.de. Konzerttermine von Jonas Engel findet ihr auf seinem Instagram-Kanal.

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