Porträt eines Mannes mit Albinismus, der eine futuristische Kleidung trägt und ernst in die Kamera blickt. Im Hintergrund ist eine industrielle Szenerie mit Metallgeländern zu sehen, die in Unschärfe gehalten ist.
Albi X hat Albinismus und wurde dafür schon oft angefeindet. Foto: Marina Rosa Weigl

Albi X: „Diskriminierung bekomme ich von beiden Seiten ab.“

Mit Diskriminierung kennt sich Albi X aus: Er bekam als Jugendlicher sowohl rassistische Anfeindungen zu spüren als auch solche aufgrund seine Albinismus. Doch anstatt sich unterkriegen zu lassen, wurde er erfolreicher Musiker, der mit mehrsprachigen Texten Grenzen überwindet und mit einer energiereichen Tanz-Performance sein Publikum in den Bann zieht.

Albi X, der mit bürgerlichem Namen Boris heißt, fing schon als Dreijähriger an, Schlagzeug zu spielen. Als Grundschüler kam er mit zu den Proben des Kirchenchors, in dem sein Vater sang. Bald darauf folgte die erste eigene Band, in der Albi X Schlagzeug spielte und erste Stücke auf Lingala, einer der kongolesischen Amtssprachen, sang und rappte. Die Musik, das merkte Boris früh, gab ihm Kraft und Selbstbewusstsein. Beides brauchte er in seiner Jugend oft, um sich gegen Mobbing wegen seines Aussehens zu wehren.

Nahaufnahme eines Mannes mit Albinismus, der im Halbschatten steht. Ein harter Lichtstrahl akzentuiert die rechte Gesichtshälfte, während der Hintergrund mit der Silhouette eines Gebäudes verschwommen bleibt.
Der Rapper Albi X ist von Albinismus betroffen. Als Jugendlicher wurde er deshalb Opfer von Ausgrenzung. Foto: Marina Rosa Weigl

Der 26-Jährige ist von Albinismus betroffen, einem erbbedingten Mangel an Melanin. Dazu kam Rassismus aufgrund seiner kongolesischen Wurzeln. Auf Instagram veröffentlichte er darum einmal ein Foto seines Gesichts, das zwischen einer weißen und einer schwarzen Faust eingezwängt ist. Die Caption darunter: „Diskriminierung bekomme ich von beiden Seiten ab.“ Das X in seinem Künstlernamen betrachte er auch als ein Symbol der inneren Kraft, die ihn vor jenen Angriffen und Beleidigungen schütze, sagt der Sänger heute.

Schlagzeug, Singen und Hip Hop in Ehrenfeld

Der Sohn kongolesischer Einwanderer wurde in Augsburg geboren, zog jedoch bald darauf mit seiner Familie nach Köln-Ehrenfeld. „Hier bin ich aufgewachsen und bin ich auch nach wie vor am liebsten“, sagt Albi X. Während seiner Schulzeit spielte er Fußball auf dem Sportplatz am Bahnhof Ehrenfeld, traf sich regelmäßig zu Hip Hop Sessions mit Freunden. „Wir standen im Kreis und ein oder zwei von uns traten hervor und begannen zu tanzen“, erinnert sich Albi X. „Von Ehrenfeld bis Köln Hauptbahnhof haben wir uns immer wieder an unterschiedlichen Stellen versammelt, manchmal bis zu 100 Leute“, erinnert er sich. Die Freunde fand er im Jugendzentrum Bickendorf oder im Club Bahnhof Ehrenfeld, zwei Lieblingsplätze aus seiner Jugend. Albi X erschuf sich seine eigenen Rückzugsräume fernab der Schule, in der er täglich Mobbing erlebte.

Seitliches Porträt eines Mannes mit Albinismus, der in die Ferne schaut. Im Hintergrund sind unscharfe Elemente einer urbanen Skyline und ein Metallzaun sichtbar.
Der Künstler Albi X ist als Model erfolgreich und gefragt. Foto: Marina Rosa Weigl

Dabei spielten das Singen, Schlagzeug, Tanzen und Performen eine immer größere Rolle in Albis Leben. Bei einer Tanzsession vor dem Hauptbahnhof war es auch, dass ihn ein Talentscout ansprach, ob er nicht Lust habe, zu modeln. Boris war damals 12 und ziemlich überrumpelt: „Ich dachte, der will mich verarschen.“ Doch er sagte zu und merkte, dass ihm das Modeln Spaß machte. Hatte er sein Äußeres bis dahin vor allem mit negativen Bewertungen verbunden, merkte er nun, dass es ein Teil von ihm war, der ihn auszeichnete und auf den er stolz sein konnte. „Wenn ich auf dem Laufsteg stand oder vor der Kamera, ging es plötzlich nur um mich und ich konnte all die negativen Erfahrungen ausblenden.“ Noch ein Stück besser fand er es schließlich, als Musiker vor Menschen performen.

Mann mit Albinismus sitzt entspannt vor einem städtischen Panorama. Er trägt futuristische Kleidung, während hinter ihm ein Netzzaun und moderne Architektur die urbane Umgebung betonen.
Albi X in Köln. Für den Künstler ist Musik ein Weg, sich mit der Realität auseinanderzusetzen. Foto: Marina Rosa Weigl

Mit Musik Kraft und Selbstbewusstsein weitergeben

Irgendwann stellte ihn sein Vater vor die Wahl: Fußball oder Musik. Beide zeitaufwändigen Hobbys neben der Schule zu schaffen, das sei zu viel gewesen, sagt Albi X heute. Für ihn war klar, dass er sich für die Musik entscheiden würde. Einerseits, weil er für eine erfolgreiche Fußballkarriere bessere Augen gebraucht hätte – Albinismus geht meist mit einem leicht verminderten Sehvermögen einher. Aber vor allem auch, weil er sich beim Singen auf der Bühne 100% am richtigen Ort fühlte. „Für mich war das ein Weg, mich so zu zeigen, wie ich wirklich bin“, sagt er – fernab jeglicher Vorurteile, mit denen ihm andere aufgrund seines Albinismus begegneten. Er wolle anderen mit seiner Musik ebenfalls die Kraft und Motivation geben zu sich selbst zu stehen, sagt Albi X. Wenn er in einem Mix aus Deutsch, Französisch, Englisch und Lingala singt, verbindet er damit die verschiedenen Einflüsse, die sein Aufwachsen bestimmt haben. Zugleich will er mit seiner Musik die Unterschiede zwischen den Menschen überwinden. Auch wenn hierzulande kaum jemand Lingala verstehe, spürten die Zuhörer die positive Energie seiner Performance und empfänden eine Verbindung zu seinen Songs, so Albi X.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Nachdem er 2016 zum ersten Mal einen Song im Studio aufgenommen hatte, nahmen ihn auch andere Musikprofis wahr. Im Herbst 2020 erschien sein erstes Album „Deufrala“ und im Oktober 2022 erhielt Albi X schließlich den PopNRW-Preis in der Kategorie „Outstanding Artists“. Mehrere Deutschlandtourneen, zuletzt mit der DJ-Künstlerin Haivai B, hat er bereits hinter sich. Für ein Musikvideo zu seinem Song „Lélé“ durfte Albi X sogar als erster Rapper und Sänger überhaupt in der Lanxess Arena performen. „Das war wirklich eine Riesenehre und ein fantastisches Erlebnis“, sagt der Künstler.

0 Kommentare zu “Albi X: „Diskriminierung bekomme ich von beiden Seiten ab.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert