Es mag kaum verwundern, dass der für Michael Trippel schönste Ort in Köln auch zugleich sein Arbeitsplatz ist: Das zweite Zuhause für den Stadionsprecher des 1. FC Köln ist und bleibt eben das Rhein-Energie-Stadion. Die Zuneigung zur Geißbockelf hat sich schließlich schon früh im Leben des Rheinländers genau dort manifestiert, wo in der Domstadt die spannendsten Zweikämpfe ums runde Leder ausgetragen werden.
Liebe auf den ersten Kick
Der 28. November 1964 war ein Samstag. In den USA schoss man den Raumflugkörper „Mariner 4“ ins All, das Stück hochkomplizierter Technik sollte der Raumfahrt erste Bilder der Mars-Oberfläche aufnehmen und funken. Eine Sternstunde ganz anderer Art erlebten die Fans des 1. FC Köln im alten Müngersdorfer Stadion. Am 13. Spieltag der Bundesligasaison 1964/65 dominiert die Geißbock-Elf die Partie gegen den Hamburger SV. 47.000 Zuschauer im Stadion erleben hautnah den 3:0-Sieg der Kölner. Mit dabei ist auch der damals zehnjährige Michael Trippel. Ein Freund hatte ihn ins Stadion mitgenommen. „Der erste Stadionbesuch, da war es um mich gesehen“, erzählt Michael Trippel rückblickend. Fortan schlägt das Fan-Herz für den 1. FC Köln und so oft es geht, zieht’s Michael Trippel wieder dahin, wo die große Liebe zu seinem Verein begann. Und auch, wenn über die Jahrzehnte in der Tabelle mal heftig auf- und ebenso wieder heftig abwärts für die Kölner Elf ging – diese Liebe hält. „Das ist jetzt meine 60. Saison. Und ich glaube, ich habe mit dem Verein eigentlich alles erlebt, was man so erleben kann“, sagt Trippel.
Das Fansein hat er sich dabei nie madig machen lassen. Ganz im Gegenteil sogar. Sein Engagement mündete 1984 dann darin, dass er zum Fan-Beauftragten des Vereins wurde. „Tatsächlich war ich damals in dieser Funktion der erste, den es in der Bundesliga überhaupt gab“, erklärt Trippel.
Als Ansprechpartner der Fans und direkte Schnittstelle zum Verein ist man natürlich viel unterwegs. Die gemeinsamen Busreisen mit anderen glühenden Anhängern der Geißbockelf zu Auswärtsspielen müssen natürlich entsprechend musikalisch gewürzt werden. Und abseits traditioneller Töne zum kollektiven Mitgrölen, entdeckt Michael Trippel etwas, das bis dato irgendwie aus dem Blick verschwunden erschien: Der direkte Weg ins Herz eines echten Kölners, der führt über das, was der Domstädter liebt – über die Musik. „Die kölschen Klassiker eben. Heimatmusik, wie ich sie nenne“, sagt Michael Trippel. Und weil kölsche Klassiker so gut ankamen, hielt Trippel die auch bereit, als er nach zehn Jahren als Fan-Beauftragter des Effzeh als Assistenz des Stadionsprechers fungierte.
„Willkommen in der schönsten Stadt der Welt“
Seit 1999 ist er nun selbst die Stimme des Rhein-Energie-Stadions, wenn seine Lieblingself hier bei Heimspielen kickt. Und neben den bei den Fans – und überhaupt allen Kölnern – beliebten Hits kölschen Ursprungs, ist noch etwas anderes zu seinem Markenzeichen geworden. Bei den Heimspielen begrüsst Trippel seit einem Vierteljahrhundert die Besucher des Stadions in „der schönsten Stadt der Welt“. Wohl wissentlich, dass diese Begrüßung mitunter zwar keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt, „aber eben, weil es direkt ins Herz geht. Und weil Köln eben ein Lebensgefühl ist!“ Der Kölner Trippel weiß eben, wie der Kölner funktioniert, was er braucht und was sein Naturell ist.
„Es ist ja wirklich so: Trifft man im Urlaub zwei Kölner, dann hat man sofort Karneval – egal wo man gerade ist. Da ist etwas dran und das sei nicht einfach so dahergesagt“, meint Michael Trippel. In Köln, da finde jedermann schnell Anschluss zu Leuten seiner Fasson. „Leute, die gut drauf sind“.
Fanfotos, Auswärtsspiele und Liveticker
Gut drauf sind auch die, die nicht nur Fans des 1.FC Köln sind, sondern auch von derem Stadionsprecher mit Kultpotenzial, wie Trippel erklärt. Wenn er mal abseits seiner Berufung in der Freizeit durch einen der Kölner Parks joggt und von Fans um ein Selfie gebeten wird, sei das natürlich Ehrensache, deren Wünsche zu erfüllen – „wenn die nett und freundlich fragen“. Aber beim Fußballgucken in den vielen Kölner Kneipen, die Bundesliga-Rudelglotzen anbieten, wird man den Stadionsprecher bei Auswärtsspielen dennoch nicht antreffen. „Da gibt’s viele tolle Möglichkeiten, die Spiele zu sehen. Aber abseits des Stadions kann ich das selbst gar nicht. Das ist mir viel zu aufregend“, sagt er. Aber wie guckt er dann aus der Ferne? „Gar nicht. Ich gehe dann eine Runde spazieren, das Handy habe ich dabei und ich schaue dann drauf, wenn mir per Push-Nachricht ein aktueller Spielstand signalisiert wird“.
Am Ende des Spieltags habe ich fast meine acht Stunden abgerissen. Man geht dann nach Haus – und dann weiß man schon, was man getan hat.
Michael Trippel
Kickt der Effzeh allerdings auf dem Heimatrasen, so ist bei Michael Trippel auch alles andere als Entspannung angesagt. Denn so ein Arbeitstag als Stadionsprecher ist nicht von Pappe. Nichts wird da dem Zufall überlassen, wie er erklärt. „Wenn beispielsweise der Spielbeginn um 15.30 Uhr angesetzt ist, dann geht’s um 12.30 Uhr für mich schon los.“ Dann ist nämlich Konferenz mit der Regie im Stadion, minutiös wird dann durchgegangen, wie der Rahmen rund um die anstehende Partie gestaltet wird und ablaufen soll. „Um 13.15 Uhr machen wir die technische Probe, um 14.30 Uhr geht’s dann los mit dem Programm. Gute zehn Minuten vor Anpfiff bin ich dann schon in meiner Sprecherkabine im Stadion“, erklärt Michael Trippel. Zwischen 17.20 Uhr und 18 Uhr geht’s für ihn in den VIP-Bereich – Nachbesprechung und Ausklingen lassen von dem, was war. „Am Ende des Spieltags habe ich fast meine acht Stunden abgerissen. Man geht dann nach Haus – und dann weiß man schon, was man getan hat“.
Viel erreicht und noch einiges vor
Müde wird Kölns Stadionsprecher darüber aber noch lange nicht. Nach 25 Jahren denkt er natürlich noch längst nicht ans Aufhören. „Wie lange ich das noch machen möchte? Solange ich eben noch gesund bin. Denn Spaß macht das immer noch riesig“, sagt Michael Trippel. Sein Job, der fordert ihn auch jenseits des Rhein-Energie-Stadions, wie er erzählt. Zu Karneval da wird’s für das Mitglied der Kölnischen Karnevalsgesellschaft aber gleich noch einmal so anstrengend. Klar, die Stimme des Effzeh begrüsst nicht nur regelmäßig die 50.000 Besucher im Stadion, sondern sorgt natürlich auch in der Session vom Festwagen herab für gute Laune.
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