Ja, wo sind wir denn hier gelandet? – „Es war ein Kulturschock, aber auch sehr lustig“, so beschreibt Seán McDonagh seine erste Begegnung mit Köln. Kein Wunder. Es war gerade Karneval und die Stadt im Ausnahmezustand. Am Aschermittwoch hatte er seinen ersten Besichtigungstermin für eine Wohnung am Lenauplatz in Neuehrenfeld. Dort hatten sie immer noch eine Bühne aufgebaut, Kinder tobten über den Platz, vor dem Büdchen standen viele Leute und tranken Bier. Mit der rheinländischen Lebensart hatte der gebürtige Hamburger bislang keinerlei Berührung gehabt. Auch in Dresden, Berlin und Zürich, wohin es Seán nach seiner Ausbildung verschlagen hatte, war ihm diese Lässigkeit nicht begegnet.
In Köln eine neue Heimat gefunden
Seán McDonagh gehört seit 2013 zum festen Ensemble am Schauspiel Köln. Längst ist ihm die Stadt zur Heimat geworden. Hier hat er seine Frau gefunden und zwei Kinder in die Welt gesetzt.
Zur Schauspielerei kam der Ire, der in Hamburg aufgewachsen ist, eher durch Zufall. Im Jugendclub hatte er Filme gedreht, das hatte Spaß gemacht. Daran, die Freude am Film zum Beruf zu machen, hatte er nicht gedacht. Nach dem Abitur schrieb er sich an der Uni für Englisch ein. Das war keine große Sache für den englischen Muttersprachler. Aber irgendwie hatte ihn die Schauspielerei nicht losgelassen. Von 2003 bis 2007 studierte er dann doch an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Erste Auftritte absolvierte er während seines Studiums, wenn auch nicht beim Film, sondern auf diversen Bühnen: Er trat auf Kampnagel auf, spielte am Thalia Theater, in den Zeisehallen und am Deutschen Schauspielhaus, bevor er sein erstes festes Engagement am Staatsschauspiel Dresden antrat.
Vom Film zum Theater und wieder zurück zum Film
Das Theater ist Seáns Zuhause geworden. „Wenn ich Rollen spiele, die mich zwingen, an meine Grenzen zu gehen, dann finde ich das beglückend“, sagt er. Jamie Tyrone aus „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ unter der Regie von Luc Perceval war so eine Rolle. Oder der Woyzeck unter Regie von Therese Willstedt.
Man muss jedoch kein Theaterfan sein, um Seáns Gesicht zu kennen. „Doppelter Einsatz“, „Tatort“, „Küstenwache“, „Das Duo“, „Bettys Diagnose“ und „SOKO Köln“ – er wirkte immer wieder in TV-Serien und Spielfilmen mit. Sein Kapital ist seine Wandelbarkeit: Seán McDonagh überzeugt als Schurke genauso wie als Held, ist als Deutscher so glaubhaft wie als Türke. „Die Konzentration und die Genauigkeit beim Filmen, das fasziniert mich. Ja, im Augenblick reizt mich das sehr.“
Seán McDonaghs irische Freunde sind begeistert von Köln
In der Domstadt fühlte er sich schnell heimisch. Köln ist lustig, lebensfroh, nicht so streng. Hier kommt er schnell mit jedem ins Gespräch. Eigentlich entspricht Seán diese Lebensart viel mehr als das norddeutsch-preußische Temperament, mit dem er aufgewachsen ist. Vielleicht ist es auch dieser ganz spezielle katholische Geist, der ihn in Köln anspricht. „Alle meine irischen Freunde, die mich besuchen, sind begeistert von der Stadt.“ Dem Lenauplatz, wo er später seine erste Kölner Wohnung bezogen hat, fühlt er sich immer noch verbunden. Nach einer Übergangsphase in einem anderen Veedel wohnt er mit seiner Familie nun wieder in Neu-Ehrenfeld.
Wo Seán McDonagh gern isst und trinkt
Wie viele Kölner*innen geht der Schauspieler gerne aus. „Meist trinken und feiern wir im Offenbach am Theater.“ Zum Essen zieht es ihn gern in eines der türkischen Lokale an der Keupstrasse in Köln-Mühlheim, wo Kurd*innen, Türk*innen, Alevit*innen, Sunnit*innen, Linke und Konservative Seite an Seite leben und arbeiten. Für einen Teller Pasta fährt er schon mal an den Hansaring zur Bar Celentano, die eigentlich eine Osteria ist und geniale Hausmannskost serviert. „In den frühen Morgenstunden muss es einfach das Greesberger sein“, sagt Seán, das Greesberger ist eine urige Kneipe am Eigelstein. Wenn sich der Schauspieler mal erholen möchte, zieht es ihn ins Schmitz. „Der beste Ort zum Chillen ist und bleibt jedoch die Couch in meiner Theater-Garderobe.“
0 Kommentare zu “Seán McDonagh: „Es war ein Kulturschock, aber auch lustig“”