Im Innenraum der Van Dyck Espressobar in Köln vermischen sich der Charme eines früheren Frisörsalons mit dem Duft von frischem Kaffee.
Im Innenraum der Van Dyck Espressobar vermischen sich der Charme eines früheren Frisörsalons mit dem Duft frischen Kaffees © Van Dyck

Kaffee statt Kölsch

Wo früher Haare geschnitten wurden, kommt jetzt perfektes Kölnbraun in die Tassen. Der Heiland persönlich gießt die Herzchen in den Milchschaum. Und Kolumbien ist manchmal nur einen Katzensprung entfernt. Röstereien und Cafés in Köln sind so vielfältig wie individuell. Ihre Macherinnen und Macher betreiben ihr Handwerk mit einer kreativen Leidenschaft, wie man sie hier vor allem vom Bier kennt. Im Belgischen Viertel, in der Südstadt, in Ehrenfeld: Kaffee statt Kölsch schmeckt immer. Egal, ob als Espresso-Enthusiast*in oder Filterkaffee-Fanatiker*in.

HEILANDT Kaffeeladen, Belgisches Viertel: Latte Art-Avantgarde

Die Heiland Kaffeemanufaktur ist ein Café in Köln. Gäste haben vor dem Café im Belgischen Viertel Platz genommen
Foto: Ein Plätzchen an der Sonne: Die Heiland Kaffeemanufaktur im Belgischen Viertel ©TOM TRAMBOW

Jeder Kaffee soll auch ein kleines Kunstwerk sein, sagt Moritz Eylandt – und bringt auf den Punkt, was ihn gemeinsam mit Marc Paluch und Heiko Schmidt antreibt: die nie endende Suche nach der perfekten Röstung. Die drei Freunde kennen sich aus dem Sportstudium, als sie 2010 mit HEILANDT ihr Café in Köln gründen. Was übrigens wenig mit Erlöserfantasien zu tun hat, sondern ausschließlich mit dem Spitznamen von Moritz: aus Eylandt wird Heilandt.

Milchschaum-Toppings waren hier schon Standard, als sie noch keiner kannte

In der Bismarckstraße im Belgischen Viertel beginnt ihre gemeinsame Geschichte: In ihrem ersten Laden rösten sie selbst, zelebrieren Kaffeekultur vor Publikum – und schaffen sogar ein Alleinstellungsmerkmal: Latte Art ist damals zumindest in Köln noch nicht so verbreitet, im HEILANDT gehört das Milchschaumherz damals schon als Topping jeder einzelnen Tasse zum Standard.

Mittlerweile sind mehrere Läden im Kölner Stadtgebiet dazu gekommen, rösten die HEILANDT-Macher seit zehn Jahren in Ehrenfeld, betreiben eine Kaffeeschule für Barista-Basics und Latte Art – und haben dennoch ihre Keimzelle im Belgischen Viertel behalten. Dort ist es gefühlt immer voll, und trotzdem strahlt das Café in Köln große Lässigkeit aus: Genuss ohne Eile. Und für jeden Geschmack. Denn Dogmatismus ist den HEILANDTS fremd. Jeder soll seinen Kaffee so trinken, wie er ihn mag. Selbst, wenn man den Espresso unbedingt old school durch die heimische Filterkaffemaschine jagen will, wie Moritz Eylandt betont: „Da würde jetzt keiner die Nase rümpfen und sagen, das darfst du aber nicht. Wenn es dir so schmeckt, dann ist alles gut.“

HEILANDT Kaffeeladen, Bismarckstraße 41, 50672 Köln, www.heilandt.de

Gallery 4, Neustadt-Süd: Der direkte Draht nach Kolumbien

„I don’t drink Coffee to wake up. I wake up to drink Coffee“, so das Motto von Gallery 4, einem von außen unscheinbaren Laden am Rande der Südstadt. Kaffee als Mission, wach und wild entschlossen: Dieses Gefühl stellt sich schon bei der Bestellung ein. Der Barista fragt vorsichtig nach: Hafermilch oder Kuhmilch? Ausführlich erklärt er dann, wie der Kaffee sein Aroma im Zusammenspiel mit der jeweiligen Milch entfaltet (Kuhmilch ist für den vollen Genuss die bessere Alternative, meint er) – wir sind sofort mittendrin im Coffee Talk. 

Geröstet in Kolumbien – Café in Köln

Letztlich, auch das natürlich ein Qualitätsmerkmal, überlässt der Barista die Entscheidung diskret dem eigenen Geschmack. Das Café in Köln mit Kunstgalerie und Ladengeschäft, gegründet 2021, ist ein besonderer Ort, wenn es um Espresso oder Cappuccino  geht – und zugleich bringt der hier ausgeschenkte Kaffee eine ebenso spezielle Geschichte mit: Die Gallery 4-Macher rösten nämlich in Kolumbien anstatt in Köln.

Ihr Speciality Coffee wird in einem aufwändigen Verfahren vor Ort hergestellt – und das hat auch biographische Motive: Luis Miguel Sanchez Martinez einer der Gründer, ist in Kolumbien aufgewachsen. Als er ein Kind war, hatte sein Vater eine Kaffeefarm – er kennt die harten Produktionsprozesse also sehr genau. Den unfairen Bedingungen wollten Miguel und seine Mitstreiter etwas entgegensetzen: Indem sie durch den Direkthandel fairere Produktionsbedingungen ermöglichen und die Wertschöpfung somit zurück nach Kolumbien bringen. Die Liebe zum Detail spürt und schmeckt man: Kolumbien, Köln und Kaffee, alles in einer Tasse. Auch gern mit Hafermilch übrigens.

Gallery 4, Lindenstr. 73, 50674 Köln, www.gallery4.coffee

VAN DYCK Espressobar: Preisgekröntes Interieur Design

Der minimalistische Look eines ehemaligen Friseursalons trifft im Van Dyck auf die Perfektion vollendeter Kaffeeröstkunst. Foto © Van Dyck

Der Laden ist versteckt in einer schmalen Seitenstraße, wo es neben den in Ehrenfeld mittlerweile obligatorischen kleinen Hipsterläden auch noch die gute alte Kölschkneipe gibt. Die VAN DYCK Espressobar passt in diese wilde Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart. Das schlauchförmige Ladenlokal mit den aufwändig gefliesten Wänden und der Retro-Leuchtreklame bringt nämlich von Haus aus eine traditionelle Handwerksgeschichte mit. Statt Kaffeeduft waberte früher Dauerwellengeruch durch den Laden. Die Zeit des „Figaro von Ihrefeld“ ist schon lange vorbei, aber man spürt sie noch immer im hippen Ladenlokal, dessen innenarchitektonisches Design 2012 mit dem renommierten „AIT-Award“ ausgezeichnet wurde.

Auch der Name VAN DYCK selbst ist historisch: Kasslerbraun, Kölnerbraun, Saftbraun oder eben Van-Dyck-Braun: Der vom flämischen Maler Anthonis van Dyck gern verwendete Braunton ist genau die Farbe des idealen VAN DYCK-Kaffees. 2010 gründen Monika Linden und Martin Kess im ehemaligen Friseursalon ihre Kaffeerösterei – mit einem mehr oder weniger bescheidenen Vorsatz, nämlich den Kaffee zu machen, den sie selbst am liebsten trinken.

Ein Schlückchen Adorno, ein Schlückchen Horkheimer…

Heute gibt es eine große Rösterei in Mülheim und einen weiteren Laden in der Severinstraße. Doch auf den tatsächlich an Friseurstühle erinnernden Hockern der Ehrenfelder Espressobar kann man gut mit VAN DYCK anfangen – und ihn in allen Varianten probieren, die so originell schmecken wie sie heißen: Ob AdornoHorkheimer, Herzblut oder Libero (der übrigens koffeinfrei ist), es lohnt sich, nach dem ersten ausgedehnten Tasting mindestens einen echten VAN DYCK mit nach Hause zu nehmen. Spätestens nach dem dritten Espresso ist man deutlich glücklicher und ebenfalls deutlich überdrehter – und mit viel Koffein im Blut möglicherweise sogar bereit für das erste Kölsch des Tages.

VAN DYCK Espressobar, Körnerstraße 43, 50823 Köln, www.vandyckkaffee.de

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