Die arthotek Köln und ihre Vorbilder
Ende des 19. Jahrhunderts begannen Bibliothekare wie Charles Cutter in Northampton/Massachusetts und John Cotton Dana in Denver, Reproduktionen bekannter Kunstwerke zu erwerben und diese den örtlichen Schulen leihweise für den Unterrichtsgebrauch zur Verfügung zu stellen. Die Idee des erleichterten Zugangs zur Kunst stieß auch in Europa auf Begeisterung.
Doch es dauerte noch einige Jahrzehnte bis 1968 in Westberlin die Graphothek und in Ostberlin 1969 die an die Stadtbibliothek angegliederte Artothek entstand. Mittlerweile gibt es bundesweit mehr als 100 derartiger Einrichtungen, die meisten befinden sich in der öffentlichen Hand.
Den Kunsthistoriker und damaligen Leiter der Kölner Stadtbibliothek Dr. Horst-Johannes Tümmers inspirierten die Projekte in Berlin: 1973 rief er in Köln ebenfalls eine Artothek ins Leben. Die Institution kooperierte von Anfang an eng mit dem Kölnischen Kunstverein und dem neu gegründeten Museum Ludwig.
Rückblickend erfolgte die Gründung zu einem perfekten Zeitpunkt: Zahlreiche Künstler*innen zogen in die Rheinmetropole, zeitgleich eröffneten stadtweit unzählige Galerien. Das Unprätentiöse, das Köln seit jeher auszeichnet, beflügelte die Kunstszene. Den damaligen Zeitgeist und die in der Dekade der 1970er-Jahre entstandene Kunst beleuchtet bis März 2023 die Ausstellung „Immer feste druff“ im Haus Mödrath in Kerpen.
50 Jahre artothek Köln: die Ausstellung zum Jubiläum
Am 18. Januar 2023 findet die Vernissage der einen Tag später beginnenden Jubiläumsausstellung „50 Jahre artothek“ statt. „Bis Anfang März zeigen wir Porträts von Künstler*innen, die dem Haus seit Langem verbunden sind“, sagt Astrid Bardenheuer, die seit 2014 die artothek – Raum für junge Kunst leitet. Die Jubiläumsausstellung zeigt unter anderem Werke von Georg Baselitz, Heike Kati Barath, Michael Buthe, Marlene Dumas, Leonor Fini, C.O. Paeffgen, Bénédicte Peyrat, Arnulf Rainer, David Shrigley, Rosemarie Trockel und Tomi Ungerer.
Die verbindende Form des Porträts als Ausstellungsfokus ist alles andere als zufällig: „Porträts symbolisieren, dass die artothek stets ein Haus der Begegnung mit der Kunst, aber ebenso mit den Künstler*innen darstellt.“
Diese Begegnung erfolgt in bester Lage in unmittelbarer Nähe zum Kölner Dom und dem Museum Ludwig. Mit der Wahl ihrer Räumlichkeiten bewies die artothek ein gutes Händchen: Das repräsentative Haus Saaleck blickt auf eine mehrere Jahrhunderte alte Geschichte zurück: Das ursprüngliche Handwerkerhaus wandelte sich im 15. Jahrhundert zu einem Patriziergebäude, bevor an gleicher Stelle 1461 ein Bau im spätgotischen Stil errichtet wurde.
Das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Gebäude hat man unter Verwendung der gefundenen Trümmerteile und den erhalten gebliebenen Mauern wiederaufgebaut und vor gut zehn Jahren denkmalgerecht saniert.
Vom Online-Katalog ins eigene Wohnzimmer: Kunst aus der artothek Köln
Dieses beeindruckende historische Ambiente kontrastiert die nicht minder beeindruckende Sammlung zeitgenössischer Kunst. Etwa 1.600 Exponate befinden sich im Besitz der artothek. „Jährlich kaufen wir weitere fünf bis zehn Werke an“, sagt Astrid Bardenheuer. Wer sich für die Ausleihe von Werken entscheidet, lässt sich gegen die Gebühr von fünf Euro pro Jahr einen entsprechenden Ausweis ausstellen.
Anschließend blättert man bequem von zu Hause online im Katalog. Sollte das entsprechende Werk vorrätig sein, kann es für maximal zehn Wochen geliehen werden. Dies kostet lediglich sieben Euro und enthält bereits eine fachgerechte Rahmung und die Versicherung.
Wer zu Hause über längere Zeit auf ein Kunstwerk blickt, erhält einen deutlich intensiveren Zugang als bei der flüchtigen Begegnung in einer Galerie oder einem Museum. Das ist es, was die Artothek ihren Besucher*innen ermöglichen möchte. Selbstverständlich stehen auch Zusatzinformationen zu Künstler*innen ihren und Werken zur Verfügung, aber deren Vermittlung besitzt, anders als in klassischen Museen, nicht die oberste Priorität.
Wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, kehrt zurück: „Man hat ja dann bereits einen Nagel in der Wand“, sagt Bardenheuer. „Es wäre schade, wenn diese Stelle leer bliebe.“
artothek – Raum für junge Kunst, Am Hof 50, 50667 Köln, Tel.: 0221/221 223 32, Öffnungszeiten: Di-Fr 13-19 Uhr, Sa 13-16 Uhr
Kommende Ausstellungen:
Jeehye Song: HALLO!
Friedrich-Vordemberge-Stipendium 2022
27.10. – 19.11.
Donja Nasseri: Durst
Chargesheimer-Stipendium 2022
1.12. – 17.12.2022
50 Jahre artothek
19.1. – 4.3.2023
Lust auf noch mehr Kölner Kunst? Dann ab in die Galerien der Stadt.
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