Wer im Hip-Hop aktuell etwas auf sich hält, ist auf Bazzazians neuem Album vertreten. Von Schmyt, über Trettmann, bis hin zu Haiyti, Casper, Brutalismus 3000 und Blumengarten ist hier wirklich die A-Klasse der Szene vertreten. Ein Beweis dafür, dass es Bazzazian ziemlich draufhat – oder? Im Interview spricht der Kölner über seine Heimatstadt, seine Ängste, das Imposter-Syndrom und seinen mysteriösen Albumtitel.
Die Liste der Menschen, für die Bazzazian schon Beats gebaut hat, liest sich wie das heftigste Festival-Lineup, das Deutschland je gesehen hat. Angefangen hat alles mit Azad, weiter ging es unter anderem mit Haftbefehl, Gentleman, Samy Deluxe und Kontra K. Ganz nebenbei hat der 45-Jährige auch noch mit der Musik, die er für die Netflix-Serie „Skylines“ produziert hat, den prestigeträchtigen Grimme-Preis abgeräumt.
Im Oktober hat Ben alias Bazzazian schließlich sein erstes eigenes Album „100Angst“ veröffentlicht. Und spätestens jetzt sollte er auch den letzten Kopfnickern und Streetpoets bekannt sein. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum er trotz seines Erfolgs mit Selbstzweifel zu kämpfen hat und verraten dir, warum du ihn auf jeden Fall ansprechen darfst, wenn du ihn das nächste Mal in der Kölner U-Bahn siehst.

Ben, du hast mal gesagt, dass alle denken, du seist Frankfurter. Wahrscheinlich wegen deiner Zusammenarbeit mit Haftbefehl. Du bist aber Kölner – was bedeutet das für dich?
Köln hat einen Lokalpatriotismus, der sich von dem in anderen Städten unterscheidet. Kölner sind stolz, aus Köln zu sein. Das geht auch mir so. Köln ist einfach meine Stadt.
Köln ist einfach meine Stadt.
Du bist seit Jahren als Produzent aktiv, hast aber zuvor eher im Hintergrund gestanden. Dein erstes eigenes Album „100 Angst“ hat das verändert. Wirst du jetzt überall in Köln erkannt?
Es passiert schon häufiger, ja. Letztens hatte ich Besuch von meiner Tante aus dem Iran und ich bin mit ihr durch die Stadt gelaufen. Dann waren wir im Peek & Cloppenburg – sie war sowieso schon geflasht von dem großen Einkaufszentrum – und dann kamen auch noch direkt zwei Menschen, die ein Foto mit mir machen wollten. Meine Tante war krass stolz. Und ich auch.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.
Nervt es dich auch mal, wenn Fans dich ansprechen?
Nein, ich freue mich immer, wenn mich Leute erkennen. In der Bahn passiert es am häufigsten. Das kann schon mal unangenehm sein, wenn du in einer vollen Bahn stehst und dich die ganze Zeit jemand anschaut und sich dann durch die Menschen quetscht, um dich anzusprechen. Aber die Leute, die auf mich zukommen, sind immer super nett und freundlich. Da kann man gar nicht genervt sein.
Wie kam es überhaupt dazu, dass du nach vielen Jahren, in denen du für andere Menschen produziert hast, jetzt ein eigenes Album herausgebracht hast?
Ich hatte einfach nichts mehr zu tun. Nachdem ich mit Haftbefehl das letzte Album fertiggestellt habe, war ein bisschen Leerlauf. Und die Idee, eine eigene Platte zu machen, hatte ich schon seit Jahren. Max Mönster, mein Manager, hat mich dann gepusht, es durchzuziehen.
Ich mache keine Musik mit Menschen, die ich scheiße finde, nur um einen erfolgreichen Song zu produzieren.
Die darauf vertretenen Künstler*innen haben alle ihre eigenen Stile und Stimmen. Hast du befürchtet, dass das Album zusammengestückelt klingt – mehr wie eine Playlist als ein Album?
Nein, den Gedanken hatte ich nicht. Ich wusste von Anfang an, dass ich nur Leute auf der Platte haben will, die ich mag und deren Musik ich feiere. Ich mache keine Musik mit Menschen, die ich scheiße finde, nur um einen erfolgreichen Song zu produzieren. Das ist nicht mein Ding. Ich habe darauf vertraut, dass es gut wird. Und tatsächlich finde ich das am krassesten an der Platte: wie gut sich am Ende alles zusammengefügt hat.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.
Abgesehen von Sympathie – wonach hast du die Künstler*innen noch ausgewählt?
Ich habe nach besonderen Stimmen gesucht. Ich weiß noch, als ich das erste Mal „Paris Syndrom“ von Blumengarten gehört habe, da war für mich völlig klar, dass ich den Sänger Rayan auf meinem Album haben will. Ich habe ihm dann auf Insta geschrieben und gesagt, dass ich den Song und seine Stimme gestört finde und er dabei sein muss.
Was war ein persönliches Highlight für dich in den Wochen nach dem Release?
Neulich war ich beim Trettmann-Konzert in der Lanxess Arena. Wenn du in so einer riesigen Halle stehst, das ist ein überwältigendes Gefühl. Vor allem hat er den Song von meinem neuen Album gespielt, den er zusammen mit Rayan gemacht hat. Dann dazustehen, meinen Song zu hören und die Masse an Menschen dazu tanzen zu sehen, das war schon Wahnsinn.
Der Albumtitel „100 Angst“ eröffnet einen großen Raum für Interpretation. Hattest du 100 Ängste davor, früher in deiner Karriere ein eigenes Album zu produzieren?
Ich hatte auf jeden Fall Angst davor, diesen Schritt zu gehen. Und dass das, was ich mache, nicht gut genug ist. Zum Beispiel an dem Tag, als wir die Tracklist veröffentlicht haben, hatte ich mega Angst. Ich habe mich gefragt: Ist die Tracklist überhaupt krass genug?
Und das, obwohl du sämtliche großen Stimmen der Szene versammelt hast auf deinem Album.
Ja, eigentlich schon. Ich habe vorhin etwas übers Imposter-Syndrom gelesen und konnte mich darin total erkennen. Es geht um die Angst, irgendwann aufzufallen, weil man denkt, man sei ein Hochstapler. Dass man eigentlich gar nichts drauf hat. Das habe ich auch, obwohl ich tief in mir drin natürlich weiß, dass ich gut bin in dem, was ich mache. Aber gleichzeitig denke ich, es muss noch besser werden und ich muss mich selbst immer wieder übertrumpfen. Aber das ist auch gut. Ich will mich nicht auf meinem Erfolg ausruhen.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.
Du hast dein Hobby zum Beruf gemacht – macht es dir trotzdem immer noch Spaß?
Ja, auf jeden Fall. Aber mittlerweile ist es auch mit Verantwortung verknüpft. Ich habe zwei Kinder und eine Frau, eine Schwester, einen Vater – die kommen zwar auch ohne mich klar, aber ich will trotzdem für sie sorgen. Das kann einen auch wahnsinnig machen. Zumal Kunst extrem subjektiv ist. Ob es den Leuten gefällt oder nicht, ob du erfolgreich bist, oder nicht, das geschieht zufällig. Ich kenne krasse Musiker, die unfassbare Musik machen und niemand interessiert sich für sie. Es geht nicht nur um Talent, sondern auch um Glück. Und ich hatte großes Glück.
Toll!!! 🫶🏼 Der Sänger von Blumengarten heißt aber Rayan, nicht Ryan 🥹
Danke für den Hinweis, liebe Helen! Das haben wir direkt geändert 🙂