Mario Binder und Ulrich Glemnitz betreiben mit Bunte Burger das erste bio-vegane Burger-Restaurant Deutschlands in Ehrenfeld. In diesem Jahr feiern sie 10-jähriges Jubiläum. Ihr Erfolgskonzept strahlt mittlerweile sogar deutschlandweit, wo es zwei ihrer beliebtesten Signature-Burger-Pattys Ende 2020 in die Kühlregale erster Bio-Supermärkte geschafft haben. Begonnen hat aber alles auf vier robusten Gummirädern.
Die Werte rund um biologischen Gemüseanbau verbinden die beiden Sandkastenkumpels Mario Binder und Ulrich Glemnitz aus Ingolstadt schon seit ihrer frühen Kindheit: „Wir haben Bio im Blut. Unser Spielplatz war bei Ulis Oma auf dem Bio-Gemüsehof Niederfeld. Die war damals Gründungsmitglied des Biokistenverbandes und unter den ersten, die Gemüse-Abokisten in Bio-Qualität anboten. Das sollte uns das ganze Leben begleiten und uns zu unserem grün-bunten Lebenskonzept und am Ende zu Bunte Burger führen“, sagt Mario Binder heute.
Die Rede ist vom florierenden Bunte Burger Laden, den die beiden wahlkölschen Gastronomen seit einer Dekade im ebenso multicoloren Veedel Ehrenfeld betreiben. Der Laden brummt und die Veggie-, Flexitarier aber auch die Omnivoren – kurz Liebhaber*innen rein pflanzenbasierter, veganer Burger, kommen mit Öffis, Rad oder zu Fuß aus der ganzen Stadt zu den Bunten gepilgert.
Rolling Dekaden-Burger
Die ersten Burger der beiden sahen schon 2014 ihre erste Feuerstätte. Nach BWL-Studium und klassischen IT- und Consultingjobs im In- und Ausland wollten die beiden Freunde „raus aus der Karriere-Mühle, um stattdessen einen nachhaltigeren Food-Lifestyle in die Welt zu tragen,“ sagt Mario. Ausschlaggebend war eine TV-Reportage über Sterneköche, die in ihren Foodtrucks durch die Welt tingelten: „Wir kauften uns im Anschluss einen der ersten Foodtrucks in Köln – auf den weißen Kastenwagen applizierten wir Logo und eine Grasbordüre, und dann ging’s los.“
„Wir fühlten uns damals wie die Bill Gates der Foodtruck Szene. Zu Beginn kochten wir allerlei Veganes in meinem umgemodelten Keller“, erinnert sich Uli. „Dann kam meine Oma wieder ins Spiel. Besser gesagt mein Cousin Berni. Der Landmaschinenmechaniker hatte nämlich ihren Hof übernommen. Einem alten Mercedes Benz Pritschenwagen mit Kastenbau und Ausstellklappe verpasste er einen Food-kompatiblen Feinschliff zum Kochen. Ein stationäres Restaurant hatten wir da gar nicht auf dem Schirm.“ Inzwischen war die ‚Better Burger Bewegung‘ aus den USA nach Deutschland rübergeschwappt. Und so navigierten Mario und Uli als rollende Caterer von Büro zu Event und tüftelten Schicht für Schicht an den veganen Rezepturen. Die Burger schmeckten immer besser. Die Anfrage stieg. Ein Jahr später eröffneten das Bunte Burger. Ihr Rezept: Authentischer Geschmack, ohne Zusatzstoffe und künstliche Geschmacksverstärker. Gesunder Genuss mit Gourmet-Charakter!“
Bunte Schichten für den Burger
Bunt – das wurde sofort namensgebendes Programm: Das Innenleben eines Burger könne in allen Variationen Ideenreich und farbenfroh mit viel Gemüse ausgefüllt sein. Erst später entstand das Akronym für biologisch, unverwechselbar, nachhaltig und tierfreie Zukunft: „Wenn es ums Essen geht kann man es gar nicht bunt genug treiben – bei uns mit 100 Prozent Vegasmus-Alarm. Authentischer Geschmack, ohne Zusatzstoffe und künstliche Geschmacksverstärker. Gesunder Genuss mit Gourmet-Charakter!“
„Wenn es ums Essen geht kann man es gar nicht bunt genug treiben – bei uns mit 100 Prozent Vegasmus-Alarm.
Mario Binder, Bunte Burger
Der Träger – Der Biobun ist das neue Brioche
Bunt bezieht sich übrigens nur aufs Innenleben: die tragenden Brötchen werden – wie in vielen Hipster-Bürgerbuden – nicht eingefärbt. Es ist eine eigene Rezeptur aus 60 % Weißmehl und Vollkorn. Herkunft: eine Demeter Biobäckerei aus der Region (DLS Mühlenbäckerei). „Die Buns kommen täglich frisch aus der Manufaktur. Sie werden von der Hand geformt. Sie sehen – mal flacher, mal höher und immer anders aus“, sagt Uli. Es sei eben ein lebendes Produkt, nichts aus der Großindustrie. „Gleich zu Anfang hatten wir dieses vegane Burgerbun selbst entwickelt. Die Leute fanden es erst gewöhnungsbedürftig, jetzt wollen sie nichts anders mehr. Die Brötchen sind fester und nicht so fluffig wie das klassische Burger-Brioche. Es sieht ökiger aus, wie ein Vollkorn Brötchen aus der guten alten Biozeit“, sagt Mario.
Fleischersatz ist nicht gleich Fleischersatz
„Bei uns kommen neben 70 % Gemüseanteil als konsistenzgebenden Quell- und Bindemittel nur echte Zutaten wie Reisflocken, Flohsamenschalen, Kichererbsen, Kidneybohnen und Rote Bete in die Pattys – ohne isolierte Proteine oder Texturate,“ referiert Uli. Er ergänzt, dass sie früher die Masse in großen Bottichen mit großem Mixstab verrührt und in einer Handburgerpresse manuell geformt hätten. „Aufgrund der großen Nachfrage haben wir die Herstellung unserer, lange ausgeklügelten Prototypen heute in eine Produktionsstätte nach Süddeutschland ausgelagert.
Die Gemüsepattys mit der Hausrezeptur sind mittlerweile sogar deutschlandweit in ausgesuchten Biosupermärkten zu kaufen.“ Eine Patty-Spielwiese gäbe es aber noch: alle zwei Monate gibt’s den Special Burger mit neuen, vom Kochteam kreierten Pattys aus Bulgur, Grünkern oder Seitan. Die seien dann auch wieder in Handfertigung hergestellt.
Fast wie Käse: Der Schmelz macht die Musik
Beim Käseersatz habe sich viel getan, aber die Schmelzeigenschaften vom Original-Scheiblettenkäse seien noch nicht imitierbar, die Ergebnisse seien nicht überzeugend. „Wir bauen uns eine flüssige, dicksämig dispersionsartige Käsesauce mit dem veganen Käse von Wilmersburg als Vorprodukt. Den schneiden wir vom 2,5 Kiloblock, veredeln ihn mit einem Sojadrink und Gewürzen und machen ihn in einem Wasserbad warm“, sagt Uli. Als kleine Performance steht dieser käseanmutende Schlotz neben der Grillplatte und wird mit der Schöpfkelle als Löffel-großer Klecks auf den Patty gegeben.
Crisp gibt Twist: Bacon
Feingeschnittene Schwarte vom Schwein gibt’s natürlich in den bunten Burgern nicht. Aber Adjektive wie rauchig und crisp, die in jeden Burger gehören, kommen vor. Die bekommt man durch den Mix aus einem natürlichen, farbgebenden Rot Bete Pulver, das mit Agar Agar (Stärke) und mit Wasser gemischt wird. Im Ofen ausgebacken und in Streifen zerhackt ist sie dem echten Bacon als wichtige Burgerschicht ebenbürtig. Auch frische, karamellisierte rote Zwiebeln, Röstzwiebeln oder angeröstete Sonnenblumenkerne bringen den Knusper-Kick. Rauchpaprika und Rauchsalz pushen die feurigen Aromen.
Geschmacksvielfalt durch Saucen
Von (Trüffel-) Majo, warmem Cheeze und Curry bis Aioli, Smokey Mustard oder der dem holländischen Fastfoodklassiker ähnlichen, vegan nachgeschmeckten Joppiesauce aus frischen Zwiebeln, Homemade-Mayo und vielen Kräutern und Gewürzen sind diese Geschmacksträger 100 % selbst gemacht. Säure und Frische bringt der Mix aus gerieben Karotten und marinierter Essiggurke.
Regionalität steckt im Gemüse
Dass die Bunten Burger Kings nur mit regionalen Biobetrieben in einem Radius von weniger als 50 km arbeiten, ist Ehrensache für sie. Was an Gemüse in den Burgern drin ist, entdeckt man am besten in der saisonalen Karte mit einigen Standards. Ein paar Exoten wie der Happy Buddha mit Jackfruit und Red Lentil (Rote Linsen) Patty, gegrillter Aubergine, gebackenen Kichererbsen und einem hausgemachten Mango-Minze-Chutney und Lemon-Tahini-Aioli bringen ganzjähriges Sommerfeeling. Marios Lieblingsburger ist der Forstmeister im Kölner Brauhausspirit mit hausgemachter Remoulade und einem Mix aus knackigen Möhren, Coleslaw aus Weiß- und Rotkohl mit Fenchel. Kartoffelrösti mit Pilz-Rahm-Ragout werden vom Funghi und Red Bean (Pilz und rote Bohen) Patty getragen. Das ist Umami und Fleischfeeling pur. Ulrich liebt den Joppie-Burger mit der gleichnamigen Sauce mit einem Schwung frischem Salat, Tomaten, dem guten Maß an Gewürzgurken und als Plus on top der Mix aus Zwiebel-Zweierlei – karamellisiert und geröstet.
Die auf jedem Burgerteller omnipräsenten „Must-have“-BIO Pommes (glutenfrei) sind auch bunt im Sinne von vielfältig: man hat die Wahl zwischen dem Hauch Knoblauch, Trüffel-Öl oder scharfem Chili-Käse mit Jalapeños.
Bunt steht für immer neue Ideen
Aus den regelmäßig stattfindenden wild brainstormenden Teammeeting kommen zu den neuen Ideen der Souschefs auch Kundenwünsche zwischen die Pattys: Der vietnamesischen Banh Mi mit in Reisessig eingelegtes Gemüse mit Spicy Miso Majo und viel frischem Koriander ist zum Beispiel so ein neuer asiabunter Wunschburger. Am Donnerstag ist Vönertag mit Fladenbrot, Tsatziki und Döner Vleisch. Bei den 5-gängigen Fine Vegan-Dining Abenden oder dem veganen Sonntagsbrunch sind die Tische aus dem Kölner Stadtwald Holz vor den vertikalen Moosgartenwänden gut besetzt. Das Mobilar gibt bereits den ersten Hinweis auf ein nachhaltiges Gesamtkonzept, das sich wie ein gut bestückter Burger Schicht für Schicht durchsetzt. „Unsere Gäste sollen neue Geschmackserlebnisse im Segment slow Fastfood und Gourvenience (Gourmet trifft Convenience) kennenlernen und mit einem guten Gefühl hier raus gehen,“ so die Burgermeister.
Schicht für Schicht nachhaltig
Ihren CO2 Ausstoß kompensieren Uli und Mario 2022 nicht nur durch den schweren Herzens abgestoßenen Foodtruck. „Wir gleichen unsere Energie für die Herstellung unserer Handelsprodukte aus, indem wir unsere Wertschöpfungskette vom Acker bis zur Verpackung durchdenken“, sagt Uli.
„Außerdem engagieren wir uns in diversen, in Deutschland angelegten Kooperationen.“ Eines davon ist das „Urwaldprojekt“ von Peter Wohlleben, wobei eine gesteuerte Verwilderung von heimischen Wäldern wie Kölns Lohmacher Stadtwald stattfindet. Man kauft dabei dem Waldbesitzer Nutzungsrechte für 50 Jahre ab, um den Wald wieder wild sich selbst zum Regenerieren zu überlassen. „Als Mitglied des Verbands der nachhaltigen Unternehmen „dasselbe in grün“ unterstützen wir ausgewählte Sozial- und Nachhaltigkeitsprojekte in der Region und versorgen soziale Einrichtungen (u.a. Foodsharing) mit den unverkauften Restmengen unserer Zutaten und Produkte“ Sie sind sich einig, dass nicht nur ökologisch, sondern auch die ökonomische und soziale Gemeinwohl-Bilanz besser gepflegt werden muss, etwa durch vegane Angebote in Universitäts-Kantinen. Schon einen veganen Tag im Monat einzuführen, hätte eine flächendeckende Wirkung.
Bunt hat Zukunft
Die Welt ein bisschen bunter und damit besser zu machen, haben die Familienväter auch ihren Kindern versprochen. So war Mario sehr gerührt, als sein kleiner Sohn Ole das Ladenkonzept in Köln Ehrenfeld als „buntes Restaurant mit guten Burgern“ auf den Punkt brachte. „Vielleicht werde ich ihm doch mal einen Dessertburger widmen, in den ich einen dicken Pfannkuchen mit Apfelmuss oder Milchreis fülle.
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